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Die Presse (Wien), 25. Februar 1863
[Zur Tagesgeschichte.] Zu dem Petersburger Telegramme, welches den Artikel des russischen „Invaliden“ mittheilt, worin die russischen Gräuel in Polen durch Hinweisung auf dutzendweise Erschießungen, welche Feldzeugmeister Gyulai 1859 in Italien habe vollziehen lassen, entschuldigt werden sollen, bemerkt die Wiener-Zeitung Folgendes: „Diese freche Behauptung haben nicht einmal piemontesische Blätter ernsthaft aufzustellen gewagt!“ Von Seite der Wiener-Zeitung ist eine so energische Qualification aller Ehren werth. Die österreichisch-russischen Beziehungen müssen, hienach zu urtheilen, außerordentlich angenehm sein.
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Anmerkung
Österreich verhält sich beim polnischen Januaraufstand 1863 neutral und unterstützt weder Rußland noch die polnischen Aufständischen. Man gewährt Flüchtlingen Asyl und liefert diese nicht an Rußland aus. Die Stimmung ist auf Seiten der Polen, und so wird die brutale Niederschlagung des Aufstands kritisiert.
Von russischer Seite gibt es dafür einen klassischen Whataboutism: Anstatt die Greueltaten zu rechtfertigen, lenkt man einfach mit Anschuldigungen gegen Österreich ab. Wie allgemein bei der Technik gibt man damit eigentlich zu, daß man Unrecht begeht, nur andere das in anderen Situationen auch getan haben. Zurückgewiesen werden die Vorwürfe von der Wiener Zeitung, die zur österreichischen Regierung gehört.
Siehe auch:
- Debatten über die Convention mit Rußland
- Hintergrund: Bismarck 1861 über die Polen
- Der Aufstand in Polen
- Vorgehen gegen polnische Emigranten
- Rekrutierung in Polen und Sklavenjagden in Westafrika
- Nachrichten aus Polen
- Der Aufstand in Polen
- Die Freunde in der Noth
- Dieser Artikel ist Teil der Parallel-Berichterstattung über das Jahr 1863
- Vorheriger Artikel: Die polnische Frage im englischen Oberhause
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