Dieser Artikel wurde 3489 mal gelesen.
Berliner Gerichtszeitung, 2. Februar 1878
Der Fürst Bismarck ist von Herrn v. Diest-Daber wegen „verleumderischer Beleidigung“ gerichtlich belangt worden. Wie wir hören, ist die Klage seitens des Gerichts angenommen, und der Termin beim hiesigen königlichen Stadtgericht bereits auf den 23. Februar anberaumt worden. Veranlassung zur Klage ist das von uns mehrfach erwähnte anonyme Schriftstück, welches von dem Vertreter des Oberstaatsanwalts bei dem gegen Herrn v. Diest am Kammergericht verhandelten Processe vorgelesen worden war. In diesem Injurienprocesse wird Herr von Diest-Daber durch den Rechtsanwalt Munkel, Fürst Bismarck durch den Justizrath Drews vertreten werden. Unter den angerufenen Zeugen figuriren die Oberstaatsanwälte Luck und Feige, der Justizminister Leonhardt, Lothar Bucher u. A.
—
Hintergrund
Ab Mitte der 1870er Jahre kommt es zu Angriffen auf Bismarck aus den Reihen der Konservativen. Federführend sind hierbei unter andem Franz Perrot von der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung) sowie Otto von Diest-Daber.
Ersterer wirft Bismarck in den sogenannten „Neue-Ära“-Artikeln vor, er habe seine Politik zugunsten der Banken betrieben, hinter denen die Juden stünden. Insbesondere die Verbindung mit Gerson Bleichröder wird attackiert. Bismarck schlägt mit dem Aufruf zurück, die Kreuzzeitung zu boykottieren.
In eine ähnliche Richtung geht auch eine Broschüre von Diest-Daber, die dieser im Herbst 1876 veröffentlicht. Bismarck revanchiert sich mit Klagen wegen Beleidigung, bei denen Diest-Daber zu drei Monaten Haft verurteilt wird. Seine Gegenklagen gegen den Kanzler bleiben hingegen erfolglos.
—
Siehe auch: Otto Pflanze, Bismarck: Der Reichskanzler, Seite 66.
- Dieser Artikel ist Teil der Parallel-Berichterstattung 1878
- Vorheriger Artikel: Spannungen zwischen Rußland und Rumänien
- Nächster Artikel: Die letzte Verschanzung des Vorurtheils